Mal abgesehen davon, daß Weiß bestimmt selbst den Gewinn irgendwo in der Eröffnung
ausgelassen hat, hätte HR nach den weißen Endspielfehlern noch einen Sieg rausquetschen
können? Er frug das USENET, und das orakelte wie folgt (übersetzte Version):
Von: Claus-Jürgen Heigl / Gruppe: unterhaltung.spiele.schach.analyse / Betreff: AW:
Teuflisches Bauernendspiel / Datum: Do, 18 Jun 2003 17:11:37 +0200 / Nachricht-ID:
<3EF08129.E99C90DB@rz.uni-karlsruhe.de> (Header angegeben für die Google-Spezis)
Hauke Reddmann schrieb:
> Danke für deine Anmerkungen. Könnte jemand die Analyse zusammenfassen (ab angegebener
> Position), um die Sache klarer zu machen?.
Ich versuchs. Ich nehme an, die Startposition ist mit dem schwarzen König auf c7.
Die Kurzfassung ist: Dies Endspiel erfordert einen Haufen konkreter Berechnung und
die Beurteilung möglicher Damenendspiele.
In der Langfassung kann ich nur versuchen, die Ideen in einer besser angeordneten
Form zu präsentieren.
Offensichtlich kommt Schwarz nicht weiter, ohne seinen e-Bauern freizuspielen. Das weiße
Gegenspiel beruht auf seiner aktiveren Königsstellung, und verschiedenen Gegenangriffen
auf Damen- oder Königsflügel, je nach dem, was Schwarz anstellt. Die Gewinnidee ist es,
den e-Bauern umzuwandeln und den weißen a-Bauern laufen zu lassen, um im Damenendspiel
zu gewinnen.
44...Kd7 45.Kc5 Ke7 46.a4 f5
47.exf6+ Kxf6 48.a5 Ke5 49.a6 Kf4 50.Kc6 e5 51.Kb7 e4 52.Kxa7 e3 53.Kb6 e2 54.a7 e1D
55.a8D De3+ 56.Kb5 Dxh3.
Wenn die Analyse von Tobi und mir korrekt ist, ist Tempo von entscheidender Bedeutung,
andernfalls wird der weiße König zu aktiv. Falls Schwarz den langsamen Weg wählt,
44...Kd7 45.Kc5 Ke8 46.a4 f5 47.exf6 Kf7 48.a5 Kxf6
kann Weiß den schwarzen König von e5 fernhalten. Schwarz kann Weiß nicht von d6
vertreiben, ohne Weiß eine vorteilhafte Stellung auf dem Damenflügel zu überlassen.
49.Kd6! a6 50.Kc6 Ke7 (50...e5 51.Kd5) 51.Kb6 oder 49...Kf7 50.a6 Kf6 51.Kc6 Ke7
52.Kb7.
Schwarz kann den e-Bauern opfern, um die überlegende Königsstellung zu erhalten, aber
Weiß kann ausreichend Gegenspiel trotz seiner unterlegenen Königsstellung erzeugen.
Dies ist extrem schwer zu sehen, weil die Berechnung eine raffinierte Gegenattacke auf
dem Königsflügel (h4) involviert, etliche Züge im voraus.
49...e5 50.Kd5 a6 51.Kc4 Ke6 52.Kc5 e4 53.Kd4 e3
54.Kxe3 Kd5 55.Kf3 Kc5 56.h4.
Tritt Schwarz aufs Gaspedal (Kc7-d7-e7xf6), hat Weiß keine Wahl: greift er nicht sofort
den schwarzen Damenflügel an, kann er eh nicht den e-Bauern am Laufen hindern und muß
seinen g- und h-Bauern für ihn geben. Weiß kann Schwarz nur für eine begrenzte Zeit von
e5 fernhalten, weil Schwarz mehr Wartezüge mit dem a-Bauern hat (wenn Weiß seinen eigenen
a-Bauern zuhause läßt, um nach d6 zu ziehen, während der schwarze König auf f6 nimmt).
45...Ke7 46.a4 (46.Kc6 f5 47.exf6 Kxf6 48.Kd6 a6) f5
47.exf6 Kxf6 48.Kd6 a5.
Also kann Schwarz den König nach e5 prügeln [und es resultiert obiges gewonnenes Damenendspiel, HR].
Das gute an diesem Endspiel [für Schwarz] ist die Tatsache, daß selbst bei ungenauem Spiel von
Schwarz Weiß selbst immer die besten Züge finden muß, um nicht zu verlieren. Darum, nach
dem Manöver Ke8-f7xf6, war das Endspiel bei bester Verteidigung remis, nämlich dem
schwarzen König e5 zu nehmen. Stattdessen lief Weiß mit dem a-Bauern.
44...Kd7 45. Kc5 Ke8 46. a4 f5 47. exf6 Kf7 48. a5 Kxf6 49. a6
Dies eröffnete die Möglichkeit eines Wettrennens zwischen e- und a-Bauer. Weil beide
Seiten Damen erlangen, mußte berechnet werden, ob es einen Weg gab, die Damen zwangsweise
abzutauschen, weil bei auf dem Brett bleibenden Damen und gleichem Material ein Remis
wahrscheinlich ist. Es gab:
49...Ke7 50.Kc6 e5 51.Kb7 e4 52.Kxa7 e3 53.Kb6 e2 54.a7 e1D 55.a8D Db4+ 56.Kc7
Dd6+ 57.Kc8 Dd8+ 58.Kb7 Dxa8+
Weiß kann versuchen, stattdessen den Königsflügel anzugreifen, aber er kommt einen Zug
zu spät.
51.Kd5 Kf6 52.Kc4 Ke6 53.Kc5 Kd7
54.Kd5 Kc7 55.Kxe5 Kb6 56.Kf6 Kxa6 57.Kg6 Kb6 58.Kxh6 a5 59.Kxg5 a4 60.Kh6 a3 61.g5
a2 62.g6 a1D 63.g7 Df6+ 64.Kh7 Df5+
Teuflisch ist die richtige Bezeichnung für dies Endspiel.
Claus-Juergen
Der Endstand:
17D
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