Inselkunst

(Diesmal von Gastkritikerin Carina)
Magnus
Im Herbst erscheint ein Dokumentarfilm über den Werdegang von Magnus Carlsen, dem amtierenden Weltmeister, zunächst am 9. September in Norwegen. In anderen Ländern soll der Kinostart noch vor dem Weltmeisterschaftsmatch zwischen Carlsen und Karjakin im November liegen. Eure Reporter von Inselschach haben den Film vorab gesehen und für Euch bewertet.
Bei einem Film über Magnus Carlsen besteht immer die Befürchtung, die Macher könnten den Protagonisten glorifizieren. Dieser Dokumentarfilm startet jedoch sehr beschaulich mit alten Aufnahmen, wie die Familie Carlsen durch die norwegische Landschaft stapft. Vater Henrik fungiert als Erzähler. Die Filmemacher haben dabei auf das Filmmaterial der Familie zurückgegriffen, welches schon für den Film "The Prince of Chess" (2005) verwendet wurde.
Der erste Teil des Films beschäftigt sich mit Carlsens Kindheit und wird durchsetzt von Aufnahmen, in denen der kleine Magnus nach seinen Träumen und seinem Alltag befragt wird. Es zeigt sich das Bild eines Jungen mit einem glücklichen Familienleben, jedoch ohne viele andere soziale Bindungen. Er ist sehr introvertiert und hängt oft Gedanken nach. Bald jedoch entdecken seine Eltern sein Talent für Zahlen und logische Spiele und führen ihn schließlich an das Schachspiel heran. Magnus verfällt dem Spiel schnell und sitzt oft Stunden am Brett. In der Schule zieht er sich dafür immer weiter zurück. Doch die Familie kümmert sich weiterhin sehr um Magnus. Die ersten großen schachlichen Erfolge werden gezeigt, so wie sein Auftritt bei den norwegischen Meisterschaften noch als Kind. Aber auch die Misserfolge und Momente des Zweifels werden beleuchtet, wie sein Verlust gegen Levon Aronian in seinem ersten World Cup. Was natürlich nicht fehlen darf, ist das berühmte Video, in dem er als 13-Jähriger dem damaligen Weltmeister Garri Kasparov ein Remis abtrotzte.
Der zweite Teil des Films konzentriert sich auf das Jahr 2013. In diesem gewann Carlsen das Kandidatenturnier extrem knapp, da er die letzte Runde verlor und Vladimir Kramnik jedes Ergebnis außer einem Verlust schon zum Turniersieg reichte. Doch auch Kramnik verlor sehr unerwartet gegen Ivanchuk, wodurch Carlsen nach der 2. Feinwertung gewann. Dies ist ein sehr spannender Moment im Film. Der Höhepunkt folgt natürlich: Das Match gegen Vishy Anand um die Weltmeisterschaft. Dem Film gelingt es sehr gut, die Atmosphäre rund um das Match einzufangen. Der Fokus liegt auf den ersten Partien, in denen Carlsen enorm unter Druck gerät und unter anderem seine Figuren versehentlich umstößt. Nach dem Befreiungsschlag in der 5. Runde spielt Carlsen deutlich besser und kann noch zwei weitere Partien und schließlich das gesamte Match für sich entscheiden. Der Film endet damit, wie Carlsen realisiert, dass er nun Weltmeister ist.
Dieser Film ist sowohl für Zuschauer interessant, die Carlsen schon etwas länger beobachten, als auch für jene, die zu jung sind, um all die Ereignisse erlebt zu haben. Gerade für mich, die ich 2013 zum ersten Mal ein Weltmeisterschaftsmatch verfolgt habe, gibt der Film einen schönen Blick hinter die Kulissen. Schachlich anspruchsvoll ist der Film jedoch nicht. Es werden keinerlei Vorkenntnisse im Schach gefordert. So sollte er auch einem breiteren Publikum zugänglich sein.
wLDokumentarisch: Top
wLSchachlich: kaum, es werden Ausschnitte aus Pressekonferenzen und Analysen gezeigt, jedoch ohne schachlichen Mehrwert.
Insgesamt: sehenswert.

CB

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