Wieste-Cup in Sottrum

Ersatzurlaub

Auch wenn nichts auf der Welt uns das kleine Örtchen Demen, mit seinen weiten, leeren Straßen, seinen Brötchen für 1,50 das Stück und seinem abgelegenen Badesee, an dem sich einmal in der Woche das gesamte Dorf trifft, ersetzt, so beschlossen Fabian Bloh (einigen vielleicht von Billstedt-Center-Cup bekannt) und ich als Ersatz für die ausgefallene Sommerreise des HSJB ein Schachturnier mit Übernachtung außerhalb Hamburgs zu spielen. Unsere Wahl fiel auf das kleine Örtchen Sottrum, gleich neben Stuckenborstel. Gut, zugegeben, man hätte auch jeden Tag die 30 Minuten von Hamburg aus mit dem Auto fahren können, anstatt 30 Minuten von der Unterkunft zum Austragungsort zu laufen, aber zum einen wäre es dann kein Urlaub gewesen und zum anderen setzt das Führen eines Personenkraftfahrtwagens eine gültige Fahrerlaubnis voraus. Darüber hinaus wäre es zumindest am Freitag eine Nachtfahrt geworden, denn ich spielte eine der längsten Partien der Runde. Wie üblich im Schweizer System begrüßte mich gegen 19 Uhr ein deutlich stärkerer Gegner am Brett. Mit 1750 DWZ war er klar der Favorit, doch mein erstes Mal im Gummiitaliener verlief überraschend gut, sehr zum Leidwesen von Fabian, der sozialer Weise auf mich wartete, nachdem er in nicht mal 20 Zügen von einem 2000er abgefertigt wurde, bei dessen Gangart ich im ersten Moment dachte: "Ach, Hauke spielt auch mit?" Als ich schließlich nach fast 4 Stunden die Stellung meines Gegners so eingeengt hatte, dass ich endlich seine Felderschwächen am Königsflügel ausnutzen konnte hatte ich nur noch 8 Minuten für 16 Züge auf der Uhr und tauschte in Panik die Damen, in Hoffnung auf eines schnelles Remis. Pustekuchen, der Typ spielte eisern weiter, obwohl für beide nicht wirklich mehr was ging und im 39. Zug fiel schließlich meine Zeit. Der Frust saß tief, aber das Selbstvertrauen für den nächsten Tag war definitiv gewachsen. Wie das aber so ist im Urlaub, kaum hat er angefangen, wird man krank. Die erste Partie am Samstagmorgen hätte ich vom Bett aus spielen müssen, zur Zweiten war ich zumindest körperlich anwesend. Für Fabian lief der Tag deutlich besser. Die Morgenrunde gewann er klar und konnte einem 1800er am Nachmittag ein Remis abknöpfen.
Am Sonntag wurde ich dann durch einem fast schon panischem Ausruf Fabians geweckt, der feststellte, dass wir eigentlich schon lange hätte aufstehen müssen. Also schnell das Frühstück in den Ofen und auf dem Weg zum Turniersaal essen. Dort erwartete mich dann ein Remis, manche würden es auch Russisch nennen, in dem ich erst einen und später einen zweiten Bauern, gefolgt vom Endspiel gewinnen konnte. Ich gewinne Endspiele? Die Sterne müssen in einer nur einmal alle 10.000 Jahre vorkommenden Konstellation stehen. Nun sitze ich hier hungrig, während ich auf Fabian warte, der noch mit seiner Partie beschäftigt ist und das Mittagessen ausgeben soll. Liveberichterstattung kostet by the way extra, Hauke.
Fazit bisher: der Wieste-Cup ist ein nettes Turnier in netter Location, 1700 gewinnen gegen mich nur durch über die Zeit heben (eine Aussage, die vermutlich spätestens im Vereinspokal von Sascha, Lothar oder Ralf widerlegt wird) und es ist äußerst ungünstig, das Backpapier zu vergessen, wenn sämtliche Lebensmittel, die man mitgenommen hat, gebacken werden müssen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir uns selbstverständlich nicht das ganze Wochenende von Pizza ernährt haben.
Den Nachtrag für die 5. und letztes Runde liefert euch dann Zukunfts-Rene.
LG Vergangenheits-Rene

Nachtrag vom Zukunfts-Rene, der sobald dieses Heft erscheint schon wieder Vergangenheits-Rene sein wird: Das Hungern hat sich gelohnt! Fabian hat in einer spektakulären Partie einen 1800er in die Knie gezwungen. Die Nachmittagsrunde verlief zu Beginn für beide schleppend. Ich überlegte nach nicht mal 10 Minuten, ob ich aufgebe, vereinbarte dann aber 4 Stunden später doch lieber Remis. Ich kann zwar kein Schach spielen, aber im Bluffen macht mir keiner was vor. Fabian stand zwischenzeitig etwas unter Druck, konnte am Ende jedoch den zweiten 1800er Skalp einsacken. Am Ende also 1,5/5 für mich und 3.5/5 sowie den <1500 Ratingpreis für Fabian.

RL

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