Inselkunst

Der Turm der Könige, Nerea Riesco
Historienschwarte. Für Leute, die nicht auf so etwas stehen, ca. 500 Seiten zu lang. Ein christlicher und ein muslimischer König haben vertraglich abgemacht, um den Besitz der Giralda in Sevilla eine Schachpartie auszutragen (ist irmpwie sinnvoller als Krieg), beide Seiten stellen einen Champion. In den Wirren der Geschichte geht die löbliche Absicht samt dem Dokument darüber verschütt, und natürlich sind jetzt alle die voll geheimen Geheimorganisationen da hinterher. Bei der Zielgruppe (also nicht ich) nicht überraschend, garniert mit einer ordentlichen Ladung Romanzenschmalz (würg). Am Ende (Spoiler, Spoiler – aber ich will euch doch nur 1000 Seiten Überlänge ersparen) kommt die Partie doch noch zustande, auf christlicher Seite spielt eine Frau (der Rezensent ist ein großer Fan des Orlando-Zyklus und hat nicht das geringste Problem damit, ich sage nur Marfiza) und die Sache endet mit Eiapopeia im Dauerschach. Schön wär‘s, wenn im wirklichen Leben Religionskonflikte so friedlich beigelegt werden könnten.
wLsS

HR

Regelkunde

π:√2

Jede reguläre Schachpartie geht 1:0, ½:½ oder 0:1 aus. Aber was interessiert INSELSCHACH schon Reguläres? Daher knöpfte sich HR mal die FIDE-Regeln vor. Absatz §E10.2 legt fest, daß ein individueller Spieler ebenfalls nur 1, ½ oder 0 Punkte erzielen kann (auch wenn gewisse Leute sich manchmal ein -1:2 redlich verdient hätten). Aber dort steht nicht, daß die Summe 1 sein muss, und in der Tat, ein 0:0 (beide Spieler verpennt oder so) ist schon zu oft vorgekommen. Absatz §E12.9 erlaubt implizit ausdrücklich ein Ergebnis von ½:0 (was z.B. so passieren könnte: Schwarz beging ein grobes Foul wie Handyklingeln und wurde genullt, Weiß kann aber nicht mehr mattsetzen). HR fragte darum das Internet, ob dies überhaupt schon mal vorgekommen sei, und was mit dem noch verrückteren ½:1 oder 1:1 wäre – vermutlich unmöglich.
Und erhielt daraufhin vom erfahrenen Schiri und Forenregular Brian Towers folgenden Döntje. Er stammt aus dem Nachruf auf Steve Boniface, einem Schiri-Original (sehr freie Übersetzung aus dem Englischen: HR).
Steve hatte grad frei und ging im Pub einen heben, während die Organisation ein Blitzturnier veranstaltete. Natürlich kam er auf dem Rückweg vorbei, um zu sehen, was die Patznasen so trieben. Ein Organisator kam angerannt: "Steve, gut, daß du da bist! Wir haben einen Streitfall!" Also da war ein kleiner Bubi, der grad einen alten Sack plattmachte. Grad hatte er sich eine neue Dame geholt, fand keine, ließ den Bauern stehen und zog ihn im nächsten Zug als Dame. Was der alte Sack mit einer Reklamation auf “illegaler Zug“ quittierte. Alle warteten schon auf die nächste Runde, der alte Sack wollte seinen Punkt haben, der Bubi war sehr verwirrt. Steve kontrollierte schnell, daß das Ergebnis keinen Einfluss auf die Preisgelder haben würde, und traf einen epischen Entscheid: Er nahm den alten Sack beiseite und teilte ihm mit, daß er die Partie gewonnen hätte. Dann nahm er den kleinen Bubi beiseite und erzählte ihm das Gleiche. 1:1 - Salomo lässt grüßen.

HR

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