Literarisches Quarkett

Wie immer begrüßen wir bei unserem Literarischem Quarkett: Marcel Reichlich-Radikalski, Fatzke/ Hellmut Karamalz, Promill / Sigrid Gäbler, Zeitnot/ und als Gast: Lutz Meyer, Inselschach
M.R: Sprechen wir zuerst über das Buch: "Untersuchung der Elektronenstrukturen von Basenaddukten des Grundkörpers Tris(η5-cyclopentadienyl)-lanthanoid (III) sowie von verwandten Verbindungstypen" von H.Reddmann. Es ist das Erstlingswerk eines noch unbekannten (L.M., murmelnd: Soso) Autors. Ich muß sagen, dies Buch hat mich ein wenig gelangweilt. Ich zitiere aus dem Expose: "...sowie ihre Monobasenaddukte (Cp3Ln*B) waren seit ihrer Erstdarstellung durch Birmingham und Wilkinson [1,2] Gegenstand zahlreicher physikalisch-chemischer Untersuchungen... " Hier sieht man schon das Sujet des Autors: das Motiv des verrückten Wissenschaftlers, dessen faustische Versuche, Erfolge und Mißerfolge detailliert beschrieben werden. Und dies auf 250 Seiten penetranter Faktenhuberei, ohne daß dem Autor prinzipiell Neues zu diesem verbrauchten Thema einfällt.
H.K.: Ich habe wohl ein völlig anderes Buch gelesen. Schon das Motto, ein Zitat von Primo Levi "...und letztlich hätten wir unsere Befreiung dem Cer zu verdanken..." zeigt doch, welcher Schule der Autor angehört. Dieses Buch erschafft ein intellektuell ansprechendes Labyrinth von Handlungen im Stile eines Moravia oder Borges, wobei dem Autor der geniale Gag einfiel, die Personen durchzunumerieren, damit der Leser immer den Ãœberblick behält.
S.G.: Sie müssen auch den mythologischen Hintergrund dieses Werkes betrachten. Dieses Werk hätte der Autor vielleicht besser "Der Fluch der Lanthaniden" betiteln können. Das Levi-Zitat weist doch eindeutig auf Cer hin: Cer, der Anfang der Lanthanidenreihe, abgeleitet von Ceres, der römischen Fruchtbarkeitsgöttin. Diese Symbolik wird kontrapunktiert am Ende des Werkes: Dort steht hinter der Seitenzahl 239 ein Pu, womit sich das Isotop der Plutonium-Atombombe ergibt, weiche höchst gut paßt zu Pluto, dem römischen Gott der Unterwelt. So ergibt sich eine dreifache Symbolik von Anfang und Ende.
L.M.: Ich möchte behaupten, daß es sich bei diesem Werk um eine Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades handelt. Steht doch schon auf dem Titel...
(Allgemeiner Aufschrei. L.M. wird mit vereinten Kräften aus dem Studio gejagt.)

HR

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