So langsam fing ich an, die Situation zu realisieren. Vor der letzten Runde war die Meisterschaft noch nicht entschieden und ich führte mit einem ganzen Punkt vor dem Favoriten. Das war die "Wie jetzt?"-Phase.
Also: Auf in den letzten Kampf! Gegen Björn hatte ich bisher immer verloren, aber das wollten wir ja so nicht stehen lassen. Es kam ein Pirc. Pirc mag ich nicht. Entsprechend tat ich alles, um in eine Stellung hineinzukommen, die ich eher mochte und siehe da: Es klappte! Ein leicht besserer Königsinder entstand und nach 2 nicht absolut genauen Zügen von Björn war es auch ein ziemlich gewonnener Königsinder. Allerdings kam an dieser Stelle das Remisangebot (reichte für Meisterschaft). Ich merkte, wie meine Konzentration ins Schwanken kam. Ein Königsinder ist nämlich eine sehr gefährliche Stellung. Einmal nicht aufgepasst und schon ist es vorbei (für beide Seiten). Ich geriet so durcheinander, dass ich schließlich einwilligte, aus Sorge, innerhalb der nächsten paar Züge irgendetwas Größeres einzustellen.
Eigentlich wartete ich nun darauf, dass jemand "April, April" rufen würde, doch wir hatten November. So gelangte ich also schlussendlich in die "JUCHUU"-Phase (diese hält übrigens immer noch an).
Übrigens: In allen 7 Spielen kam ich in den Genuss einer anderen Eröffnung – nie war mehr als der erste Zug zweier Partien gleich.
Nun also zu den lang ersehnten Analysen.

Brandt-Werner, Runde 2
1.a3 Äh, ja, unkonventionell, wie gesagt. a3 ist eigentlich ein reiner Tempoverlust, als würde man freiwillig mit Schwarz spielen. Gegen 1. ... e5 ist die Idee jedoch gar nicht mal so übel, denn man kann dann seine normalen Schwarzeröffnungen gegen e4 spielen (in denen sowieso irgendwann meist a6 gekommen wäre), allerdings mit einem Mehrtempo und wer spielt schon nicht gerne Sizilianisch mit einem Tempo mehr? 1...e5 2.c4 Sf6 3.d3 Le7 4.g3 c6 5.Sf3 h6 6.Sc3 d6 7.Lg2 Ok. Mein Aufbau folgt also ein wenig dem Drachen mit Schwarz, jedoch wurde hier weder d5 gespielt, noch Sc6 (ja, es ist anstrengend, sich das Ganze spiegelverkehrt zu überlegen - nicht nachmachen, Kinder). 7...Sbd7 8.O-O Sf8 Ich bin mir nicht sicher über diesen Zug. Ich glaube, er ist ein wenig zu langsam in der Entwicklung und jetzt komme ich selbst am Damenflügel an, wenn er da alle seine Figuren wegzieht. 9.b4 Sg6 10.b5 Ld7 11.a4 Dieser Zug sollte den Raumvorteil am Damenflügel halten. Am Königsflügel wird wohl nichts passieren, immerhin will er da auch noch einmal hinrochieren. 11...a6 12.La3 Dc7 Hier könnte man vielleicht auf die Idee kommen, die Bauern abzutauschen, damit mein Läufer keine Ziele mehr hat, jedoch wird dadurch natürlich meine Diagonale sehr stark. Es hat eben alles Vor- und Nachteile. Aber hier empfinde ich Jörns Strategie besser für Schwarz, als die vom PC vorgeschlagene. 13.Db3 O-O 14.d4 14...axb5 15.axb5 Tac8 Nicht so gut. Der Turm muss in der a-Linie bleiben. Auf c8 verstellt er seiner eigenen Dame die günstigen Felder: 16.b6 Nun ist der b7 fixiert und mein Läufer hungrig. 16...Dd8 17.dxe5 dxe5 18.Lxe7 [18.Tfd1 Wäre hier besser gewesen. Mein Läufer ist sowieso aktiver als seiner. Den kann ruhig er selbst abtauschen. 18...Ta8 19.Lxe7 Dxe7 20.Ta7 Le6] 18...Dxe7 19.Ta7 So geht's auch 19...Le6 20.Td1 Tb8 21.Sd2! Es droht Lxc6 und Se4. 21...Dc5 Nicht so gut. Lieber die weißen Bauern mit Sd7 angreifen und die weiße Dame an deren Verteidigung binden. So wiederum kann ich sie sogar mit Tempo befreien. 22.Sa4 Dd4 23.Se4 Dxc4 [23...Lxc4 24.Dc2 Und die Figur ist leider futsch.] 24.Dxc4 Lxc4 25.Sxf6+ gxf6 26.Td7...

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