DSenEM

Unverdient

Selten hat HR mit so einer erbärmlichen Leistung so einen hohen Platz in einer starken Gegnerschaft erzielt. Das waren neun schlechte Partien. Oder vielmehr acht. Oder doch neun. Aber der Reihe nach.
Die erste Partie hätte man auch gleich in Hamburg austragen können. Der Volksdorfer Gegner mauerte erfolgreich, bis er eine einzige Ungenauigkeit beging, die ihm die c-Linie und damit auf Dauer den ganzen Damenflügel kostete. Nr. 2 sah HR gegen einen Wurstfranzosen (Sc6 ohne c5) zu zögerlich – e5 wurde plombiert statt kontrolliert, prompt überrannte ihn das Gegenspiel komplett. Aber der Gegner wurde zu übermütig, HRs Satansspringer rettete mal wieder den Tag. Dann folgten drei Remisen: In der ersten wurde HR komplett zusammengeschoben, der Gegner sah aber den entscheidenden Bauerngewinn nicht (HR natürlich sofort – nach seinem Zug – wie immer, und erst im Endspiel ist HR nicht zu besiegen. Noch wüster die nächste: HR versuchte ein Nilpferd mit dem Raketenwerfer zu erlegen, übersah aber einen ungedeckten Bauern und erlaubte dem Gegner, mit allen Figuren rauszukommen. Das ging dann peu a peu zur Hölle, -5 sagt die Engine, aber der Gegner sah den Ausmacher nicht, weil er den Überblick im von HR wieder schnell angerichtetem Chaos verlor, und spielte lieber eine Zugwiederholung. Und in der übernächsten rauschte HR mittschiffs in eine Eröffnungsfalle. Eine Ungenauigkeit in der Zugreihenfolge, und der Gegner sah den Vorteil von hinten und hätte sogar mit Minusbauer und unklarer Kompensation spielen müssen (wobei es sich zugegebenermaßen von selbst gespielt hätte). Aber wieder war HR zu schissig und nahm lieber den leichten Ausgleich.
Nun kam die totale Katastrophe: Kampflos gewonnen wg. Krankheit des Gegners. Damit war der Rest Makulatur, ein Titel hätte unter einem ewigen "Ja aber, das Glücksschwein...!" gestanden. Prompt stand HR im nächsten Kampf schon wieder bereits in der Eröffnung breit. Nach zäher Verteidigung hatte er einen Anflug von Gegenspiel, der den Gegner so in Panik versetzte, daß er ein nutzloses Figurenopfer reinwarf – das hätte er schon viel eher machen sollen, dann wäre es vielleicht sogar durchgeschlagen. Es folgte ein Drachen, Drachen ist widerlegt, und zwar nicht durch lang und Matt (so schlägt man einen Drachen von HR nie tot, was sogar Großmeister zu spüren bekamen), sondern durch kurz und Sd5, und nach dem erzwungenen Sxd5 exd5 wird der Be7 auf ewig bepöbelt. Zu seinem Pech vergaß der Gegner einen Vorbereitungszug und wurde mit dem Zwischenzug Se3!! vom Stuhl gehauen. Unter anderen Umständen hätte HR die klar bessere Stellung zum Gewinn gespielt, so warf er gleich ein Remisangebot dem Springer hinterher.
Natürlich ging es in der letzten Runde dann doch gegen den Favoriten, IM und Problemschachkollegen ran, der in der vorletzten Runde Suppe hatte. HR ließ sich umstandslos zusammenschieben – hätte er auch noch diese Partie gewonnen, wäre vermutlich nach der Rückreise sein Haus abgebrannt gewesen, oder was dem Schicksal so eingefallen wäre, denn ein Naturgesetz lautet: "Nicht das Schwarze unterm Nagel für HR!" Ja, HR ist in jeder Hinsicht etwas risikoscheu geworden, er wird alt.
6/9 und Platz 8 (Setzliste 11) klingt am Ende ohne das Wissen um die Hintergründe doch recht ordentlich, aber noch so ein Turnier und ich spiele nur noch gegen unsere Kiddies. Da habe ich wenigstens noch Siegchancen.

Es folgt eine Auswahl an grauenvollen Partien. Weiteres Material gibt's auf der HSchV-Seite, siehe S. 2 "Schachgipfel".

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