Riccardo kommentiert seine Partie:
Staak – Woelk
1.c4 e6 ...als gelernter e4 Spieler, der mit dem modernen Schach immer weniger klar kommt, musste ich von der klaren Ansage 1.E4! mit den Jahren immer mehr auf Abstand gehen. Das Spiel ist mir einfach zu konkret geworden und ich hab auch keinen Bock mehr auf lange Hausaufgaben, in Form forcierter Varianten. Insofern ist mein langgehegter Traum eigentlich 960...aber das ist eine andere Kolumne... 2.Sf3 d5 3.d4 c6 4.Dc2 Sf6 5.g3 ...Ich hatte große Probleme mich auf irgendeine Arbeit mit den Maschinen einzulassen...diese ständigen Pendeleien des EVAL BARS schüchterten mich zeitweise ein...und triggerten meine inneren Zweifel...die mich ein Leben lang begleiten. g3 ist vermutlich 5-8. Wahl des Rechners...aber spielbar... 5...Lb4+ 6.Ld2 Le7 ...Wer dieses Standardmanöver noch nicht gesehen hat...Schwarz schaut, wie Weiß auf das Schachgebot reagiert...und stellt den Läufer auf d2 etwas "clumsy"... 7.Lg2 Sbd7 8.O-O b6 9.Lf4 La6 ...Schwarz hat das Problem seines Weißfelders gelöst...aber während der Partie hielt ich seinen Aufbau für nicht ganz vollwertig. ABER...Weiß steht nur etwas besser... 10. Sbd2 Sh5 ...Das ist wieder ein Standardmanöver mit dem Weiß rechnen muss...und nun wirds interessant. Als bekennender Traditionalist hätte ich den Läufer, vor vielen Jahren, ganz sicher zurückgezogen, denn mit DER HEILIGKEIT DES LÄUFERPAARES bin ich schachlich sozialisiert worden. Aber das MODERNE SCHACH, welches uns die Maschinen zeigten...wies den Weg. Die aus dem Abtausch entstehende Bauerntransformation bietet neue Möglichkeiten...es wird noch eine Rolle spielen...schauen wir es uns an... 11. Tfd1 Sxf4 12.gxf4 g6? ...Und hier kommt das weite Feld der Psychologie ins Spiel. Ich kenne Tom nicht näher...aber mir fiel auf, daß er sehr schnell spielt...und empfand seinen Habitus als oberflächlich! Wenn man sich in die Stellung ein wenig vertieft, kommt der erfahrene Spieler rasch zu der Erkenntnis das weißes f4 f5 keine valide "Drohung" ist und g6 somit nur unnötig die Bauernstruktur schwächt. Turm c8 oder kurze Rochade sind völlig OK...Weiß steht etwas besser...aber NUR ohne f4 f5!! Modernes Schach eben... 13.Se5 Sxe5 14.dxe5 O-O 15.Tac1 Lb7 16.Sf3 ...Dieser Zug gefällt mir nicht mehr. Ich sollte erst die Damenstellung verbessern...und den Springer vorerst flexibel halten... 16...Lc5? ...aber dieser unharmonische Zug erfreute mich dafür um so mehr. Er blockiert und behindert die eigene Bauernmasse und entfernt sich vom Königsflügel...er ist schlecht... 17.Sg5 ...einfach mal einen Gaul vor die Nase setzen...und von Schwarzem h7-h6 träumen :)... 17...De7 18.e3 Tfd8 19. a3 a5 20. Dc3 Kg7 21. Sf3 Tac8 ...und an dieser Stelle sondierte ich kurz die Lage...Die Bretter neben mir...sie waren schon verwaist...Lothar&Justus haben einen guten Kampf, gegen schier übermächtige Gegner geliefert...und auch unser geliebter Führer hatte die Waffen gestreckt. Er gibt hoffnungslose Stellungen auf...ein letzter Akt autonomer Selbstbestimmung, für den er mich, vergleichbar, im letzten September beim Turnier in der Kunsthalle gegen THE BIG GREEK noch rügte....woraufhin ich entgegnete: "Ich habe keinen Hang zum Masochismus, Hauke....Du musst das Turnier schon aus eigener Kraft gewinnen!"...Ich war also auf mich alleine gestellt...und konnte frei verfügen. Ich fand das Spiel von Tom einfach nicht überzeugend...und wollte ALL IN gehen!... 22. e4 ...22.cxd5 cxd5 23.Dd3 ist ungefähr = ... 22...dxc4 23. Dxc4 Txd1 24. Txd1 Td8 25.Td3 b5 26. Dc2 Lb6 ...und nun...
Zug Staak
27. f5!?!? ...(keine Ahnung) ich konnte die Folgen dieses Zuges nicht berechnen...aber siehe ALLE Anmerkungen, die ich zur Partie & Tom gemacht habe...und die Bauernmasse? Ich bin doch kein Verwalter...sondern Gestalter...also Vor! Korrekt wären wohl Pläne mit Lf1 und der Versuch den schwarzen Damenflügel aufzuweichen... 27...Kg8? ...und da ist er schon...der VORENTSCHEIDENDE Fehler...aber das wusste ich während der Partie natürlich nicht. Schwarz MUSS zweimal auf f5 nehmen...mit der möglichen Folge 27...Txd8 28.Dxd8 Lh3 29.c5...Schwarz steht etwas besser!... 28. f6 ...natürlich! – ... 28...De8 29. Td6 Lc7 30. Dd2 Lxd6?? ...und das ist der ENTSCHEIDENDE Fehler! 30...c5 hält die Stellung in der Balance...Weiß wird nach 31.Dh6 Df8 32.Txd8 Lxd8 33.Dxd2 Lxe4 einen Bauern verlieren...aber die Aktivitäten seiner Figuren führen nach z.B. 34. Dd7 wahrscheinlich ins Remis... 31.exd6 e5? ...danach geht's schnell. Kämpfen könnte man noch mit c5...aber siehe wieder meine Beobachtungen zu Tom. Nach c5 habe ich das Luxusproblem mir zu überlegen ...möchte ich mit einem Springer auf e5 arbeiten...oder einem Bauern?? Der Rest bedarf keines grossen Kommentars...und ist allgemein verständlich... 32. Lh3 c5 33. d7 Df8 34. Dxa5 Ta8 35. Dc7 Lxe4 36. Sxe5 Ld5 37. Lg2 Lxg2 38. Kxg2 Dd8 39. Dd6 Ta7 40. De7 ...Aufgabe

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