Der INSELSCHACH - Kurzkrimi

Tödliche Rochade

Blitzende Blaulichter und der Scheinwerfer dss Notarztwagens erhellten die Einfahrt der Villa 'Waldfrieden', als Inspektor Boden mit leidgeprüfter Miene seinem ungewaschenen Fortbewegungsmittel entstieg. "Ich bin völlig Ihrer Meinung, daß sich die Leute nicht ausgerechnet an Sonntagen umbringen soltten, doch auf Staatsdiener wie uns nimmt man eben heutzutage keine Rücksicht", begrüßte ihn sein Assistent Erwin Herz, "gehen wir also hinein."
Im Wohnzimmer, gegenüber der Tür, saß an einem gläsernen Tisch unverkennbar der Hausherr, Stadtrat Krämer. Daß er die beiden keines Blickes würdigte, lag nicht an mangelndem Respekt oder Altersschwäche sondern ebenso unverkennbar an der Schußwunde, die der Inhaber der Firma 'Holz-Krämer' in der Herzgegend aufwies, "Was das wohl kostet?" sinnierte Herz mit einem Blick auf die handgeschnitzten Schachfiguren, die, vielleicht durch die letzte Bewegung den Stadtrat, mit wenigen Ausnahmen umgestoßen auf dem Tisch und dem halbdurchsichtigen Onyx-Brett verteilt waren, "Mehr als Sie verdienen, wenn Ihnen keine besseren Fragen einfallen," gab Boden sarkastisch zurück. "Ich wüßte lieber, ob der Herr hier allein gespielt hat, und wenn nein, warum nicht und gegen wen," spielte der Inspektor die vorletzte Lektion des Logik-Kurses im Dritten Programm aus.

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