Diese Sparpolitik bekommt der SKW bereits seit Jahren zu spüren. Auch Hamburg hat
Sportetats mehrfach gekürzt, der Hamburger Sportbund dadurch den Hamburger Schachverband
weniger unterstützt, der wiederum gibt die Kürzungen zwangsläufig in Gestalt geringerer
Turnier-Aufwendungen und Trainingsförderung an die Vereine weiter. Daß die Sparpolitik im Sozialbereich darüber hinaus auch den Einzelnen trifft, spüren gerade die SKWler in einem
ohnehin schwierigen Stadtteil wie Wilhelmsburg. Leere Kassen durch sinkendes
Beitragsaufkommen deshalb auch im Klub.
Hinzu kommt die berechtigte Furcht, daß die Stationierungswaffen einmal eingesetzt
werden könnten und Mitteleuropa in atomarem Schutt versänke. "Dem sowjetischen Huhn
den Kopf abschneiden", hat Präsident Reagans "Abrüstungs(!)"-Berater Colin S. Gray
auf die Frage geantwortet, wozu die USA die 108 Pershing-II-Paketen und 464 Cruise Missiles
in West-Europa stationieren wollten. Aber noch vor dierer unmittelbaren Todesdrohung
könnte die Stationierung zu einer Verödung gerade des internationalen Schachbetriebs führen.
Dieser nämlich war in der Entspannungsperiode von immer zahlreicheren Turnieren geprägt,
saßen in den Mannschaften der Schach-Bundesliga am Brett. "Turnier-Ferien" in Moskau und
Leningrad gehörten in den vergangenen Jahren zum Programm westdeutscher Reiseveranstalter.
Ohne Karpow und Kasparow, ohne Hort und Tal, Uhlmann oder Smejkal such im Westen wäre
der Schachsport bei uns nicht einmal halb so populär. Entspannungspolitik und friedliche
Koexistenz sind für solche Auftritte Grundvoraussetzung. Wenn Sportler, auch Schachspieler,
sich einzeln, als Mannschaft oder als ganzer Verein in Friedensinitiativen zusammenschließen,
verlassen sie mit diesem Engagement nur bei oberflächlicher Betrachtung ihr eigenes Metier, nämlich den Sport. Tatsächlich sichern sie vielmehr mit diesem Engagement in mehrfacher
Hinsicht die Bedingungen, unter denen sie überhaupt Sport, auch Schach, treiben können.
Davon ausgehend sollten die SKWler diskutieren, ob sie sich als einzelne Sportler, als
Mannschaft des Klubs oder als Verein der Initiative Sportler für den Frieden/
Sportler gegen Atomraketen anschließen können. Weiter wäre zu fragen, in welche
Aktionsmöglichkeiten sich ein solchen Engagement umsetzen ließe - zum Beispiel in
Thema-Turniere, in Initiativanträge auf der Ebene des Hamburger Schachverbands oder in
Zusammenarbeit mit örtlichen Initiativen. Die bevorstehende Jahreshauptversammlung
ist eine gute Gelegenheit für Gespräche in dieser Sache.
Sage niemand, er habe nichts gewußt!
Karsten Ohl
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