Die tatsächlich bestehenden Analogien sind aber interessant genug. Und es ist auch deutlich geworden, daß das Schachspiel mehr vermitteln kann als die Fähigkeit zu logischem Denken. Es kann eine Reihe von Fähigkeiten vermitteln, die die Erkenntnis von Wirklichkeit ermöglichen und - auf deren Basis - Handlungsfähigkeit (wobei natürlich, wie bei jedem Lernprozeß, die Transformation des Gelernten in andere Lebensbereiche noch geleistet werden muß). Es kann diese Fähigkeit vermitteln, weil es selbst wesentliche Elemente des wirklichen Lebens in sich aufgenommen und in typisierter Form in seinen Spielregeln aufgenommen hat. Es richtet die Aufmerksamkeit dessen, der sich diesem Spiel widmet, auf die genaue Analyse der konkreten Lage, auf die darin angelegten Veränderungsmöglichkeiten, auf die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Faktoren und auf die Potentiale und Handlungsmöglichkeiten der Gegenseite. Kurzum: das Schachspiel vermittelt die Grundelemente dialektischen Denkens. Es zwingt zur Strukturierung von Zeit und Raum.

Aber zunächst einmal ist das Schachspiel ein schönes, spannendes Spiel, eine lustvolle Tätigkeit. Genußvoll ist schon der Nachvollzug der inneren Logik einer strategischen Konzeption oder einer Kombination. Noch genußvoller aber ist die schöpferische Tätigkeit, die sich nicht mit Vorgefertigtem begnügt, Friedrich Schiller meinte, daß der Mensch überhaupt nur im Spiel, dieser gänzlich zweckfreien Betätigung, ganz bei sich selbst sei. Und der niederländische Kulturhistoriker Huizinga sah im °homo ludens' überhaupt den Ursprung der menschlichen Kultur. Das Schachspiel kann lehren, daß es weder sinnvoll noch realistisch ist, Spiel und wirkliches Leben so auseinanderzureißen. Worauf es ankommt, ist die Entfaltung produktiver Tätigkeiten, die zugleich lustvoll und zweckgerichtet sein kann, Bertolt Brecht hat diesen Gedanken in seinem Arbeitsjournal sehr schön ausgedrückt: "der kampf gilt der befreiung der produktivität aller menschen von allen fesseln. die produkte können sein brot, lampen, hüte, musikstücke, schachzüge, wässerung, teint, charakter, spiele usw. usw."

aus dvz/die tat Nr. 26/1986

Inhalt


1 Das Ende, Leitartikel (elmer)
3 Impressum
3 kurz, prägnant, wahr
4 Pokale Wanderpreis, Vereinspokal (HR)
5 SKW 1, Mannschaftskämpfe (HR)
6 2., Mannschaftskämpfe (elmer)
7 Gewinn, 3. Mannschaft (elmer)
8 Tabellen, Mannschaftskämpfe (elmer)
9 HJMM, 2. Jugendmannschaft (JK)
10 Li/Re '87, Alsterturnier (JK)
11 Jugendturniere, SG HHUB Schnellturnier (JK)
12 Die Kunst der Bauernumwandlung,, Nonsens (HR)
13 Spiegel des Lebens, Philosophie/Soziologie (dvz/die tat)
15 Inhalt
16 Termine

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