Inselkunst: Schach-Poesie

Das folgende Gedicht von Werner Nicolai soll auf einer wahren Begebenheit beruhen. Man fragt sich unwillkürlich: Sollte der große Bogoljubow tatsächlich so verschlagen gewesen sein?

Treffende Lektion

Efim D. Bogoljubow			denn sie hielt das für galant. 
(D, das heißt Dimitriewitsch),		Ließ sich das nicht zweimal sagen. 
War geschnitzt aus hartem Stoff.	Sie spielte ohne Pietät 
Spielte sicher keinen Kitsch.		Durch die kühne Springergabel 
Einstmals traf im Simultan		Auf Gewinn der Qualität 
Er auf eine junge Dame.			Und hielt auch nicht ihren Schnabel. 
Diese lebte in dem Wahn			Denn der Turm wie auch die Dame
Und bat um des Zugs Rücknahme.		Standen durch den Springer ein.
Scheinbar war das Opfer schlimm.	Und sie macht schon viel Reklame,
Wie die Dame mochte glauben.		Sollte dieses günstig sein?
Aber leider will Efim			Bogol gab ein Doppelschach, 
Ihr dergleichen nicht erlauben.		Teuer kam ihr dies zu stehen, 
"Drehen wir doch um das Brett!"		Denn nun wird sie endlich wach.
Spricht er sanft und lächelt heiter.	Matt hat sie ganz übersehen.
"Spielen Sie, das wäre nett.		Hier ging es auf Spitz und Knopf, 
Doch mit meinen Steinen weiter!"	Dieser Zug war der fatale.	
Wie die junge Dame fand.		Und sie schritt mit rotem Kopf 	
Konnte sie den Vorschlag wagen.		Höchst beschämt aus dem Lokale.

War die Reaktion der jungen Dame angemessen? Ich bitte Sie. Ein lächerliches Matt kann jeder mal übersehen. Auch wenn es einzügig ist. Das ist schließlich auch schon im SKW vorgekommen. Sogar in der Bezirksliga. Am vierten Brett. Noch lange kein Grund, rot zu werden und höchst beschämt aus dem Lokale zu schreiten. Ein höllisches Gelächter hätte mir in der letzten Strophe sehr viel besser gefallen.

SW

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