Eingorn - Yemelin
23.e4? Ein unerwartet scharfer und riskanter Weg, um um Vorteil zu kämpfen, und
ein Fehler. Weiß konnte einen leichten Vorteil behalten mit 23.Ta1 Sb6 24.Da2 Sa4 25.Le1 Te8
26.Sd3 Sa6 27.Sb2! (nach 27.Sc5 S4xc5 28.dxc5 Ta8 gleicht 29...Sc7 aus) 27...Sxb2
28.Dxa6 Dd7! 29.Da7 De6 (Damentausch ist nicht schlecht, ändert aber nichts am Ergebnis:
29...Dxa7 30.Txa7 f5 31.Kf1 Sc4 32.Tc7 Te6) 30.Ta6 h5 31.Dc5 Tc8 32.Ta7.
23...dxe4 24.Dxe4 Sb6!? Das ist der Moment. Schwarz steht wegen des weißen Läufers
etwas besser. Nun nimmt er das Feld "d5" unter Kontrolle und ... 25.Ld2?? f6 26.Dg4 Dc8!
Der Knackpunkt. Rückzug des Springers bedeutet Damenverlust, zwar bleiben nach
27.Sf3 Te1+ 28.Txe1 Dxg4 29.Te8+ Kf7 30.Tb8 gewisse Chancen, aber Schwarz hat eine Gewinnstellung.
Genauso wie nach 27.Lh6 Te7 28.Dh4 Sd5 29.Sg4 gxh6 , Schwarz spielte genau genug,
und verwandelte die Mehrfigur bald in einen Sieg.
Es war schon Glück dabei, aber wenn man es denn als Lotterie bezeichnen will, muß man zugeben,
ich habe einen Hauptgewinn gezogen.
Die nächste Runde brachte mir einen Sieg mit Weiß gegen einen der "Über 2600"-GMs, Z. Sturua.
Ich bin wirklich stolz auf diese Partie, ungeachtet einiger Ungenauigkeiten und Fehler beiderseits,
denn ich gewann im Spanischen, wobei mein Gegner ein bekannter Spezialist in dieser Eröffnung ist,
und ich konnte Vorteil und Spannung über die gesamte Partie halten. Es war ein harter Kampf,
und für mich ist es das Thema für einen weiteren Artikel.
In der siebten Runde hatte ich ein weiteres Mal Weiß, gegen Rozentalis. Er ist einer der typischen
Spieler der Russischen Verteidigung, und ich muß zugeben, daß ich bald keine Eröffnung gegen
ihn hatte. Dieses Partiegeschehen kann man nicht unter Kampf um Vorteil abheften. Zu diesem
Zeitpunkt sah ich mich nicht als wahrscheinlichen Turniersieger.
Ich plante, mit Schwarz zu überleben, und hoffte, mit Glück Weiß in der letzten Runde zu bekommen.
Aber dann sah ich, daß ich gegen den jungen tschechischen GM T. Oral spielen mußte.
Er ist gefährlich, leidet aber daran, in böse Zeitnot zu geraten. Erstmalig erkannte ich, daß ich meine
Chance bekommen hatte. Ich wählte die angebrachte Eröffnung - das populäre Endspiel C67
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.0-0 Sxe4 5.d4 Sd6 6.Lxc6 dxc6 7.dxe5 Sf5 8.Dxd8+ Kxd8.
Mein Gegner verschwendete seine Zeit mit Extravaganzen, die seine Stellung nicht verbesserten, und ich hatte das Gefühl, die Initiative zu übernehmen, aber ich hatte meine
Stellung überschätzt. Als er schließlich in seine Zeitnotphase kam, hatte sich die Position
zu Gunsten von Weiß vereinfacht. Nach mehreren Ungenauigkeiten von seiner Seite konnte
ich ausgleichen, aber er hatte nur noch zwei Minuten, und ich mehr als fünf! Also ging ich
das Risiko ein und griff wieder in die Lostrommel.
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