Dann in Runde 6 gegen Jamshid Atri (1992). Was für mich noch fast in Ordnung ging, war für ihn natürlich eine Katastrophe. Zu seinem Leidwesen hat er dann auch in unserer Partie gezeigt, daß das nicht sein Turnier war. Im 35. Zug schaut er tatsächlich einmal für mehrere Minuten auf das Brett – und stellt dann im Anschluß zweizügig eine Figur ein. Als er das erste Mal zum Springer greifen wollte, dachte ich nur, daß das sofort verliert. Nach seinem kurzen Innehalten ging ich davon aus, daß er es auch gesehen hatte. Das war aber nicht der Fall. Tatsächlich mal eine gewonnene Partie von mir, die aber unter normalen Umständen auch nur ein Remis geworden wäre. Mit 2/6 sah es dann schon wieder recht gut aus. In dem Teilnehmerfeld ist ein Punkt aus jeweils drei Partien schon ein gutes Ergebnis.
Der Gegner aus Runde 7 war Jürg Steinbrenner (1985). Wieder einmal ein Spieler vom FC St. Pauli, den ich allerdings vom Namen her nicht kannte. Also kurz gegoogelt und als (ehemaligen) Frontmann der Metal- oder Hardcore-Band "Rohbau" identifiziert. Derart ging dann auch die Partie ab. Allerdings nicht, wie erwartet. Meine Partierecherche brachte alle möglichen brutalen Gambits zum Vorschein. Allerdings hat das Internet inzwischen für den totalen Umbau des Eröffnungsrepertoires meines Gegners geführt. Trotzdem haben wir wohl die wildeste von meinen Partien des Turniers gespielt. Nach gegenseitigem Auslassen von Gewinnchancen habe ich die letzte Gelegenheit verpasst und nach 63 Zügen heißt es wieder einmal Remis.
Am Ende in Runde 8 dann einer der von mir so gefürchteten Jugendlichen. Allerdings zeigte schon die Tatsache, daß wir so spät noch gegeneinander spielen sollten, daß das Turnier für Daniel Lam (1955) eher zum Abhaken war. Nachdem er mich gelangweilt mehrere Stunden angähnte, machte ich mir schon Hoffnung auf ein zügiges Remis. Das wollte er dann aber doch nicht. Leider aus gutem Grund, denn langsam aber sicher verschlechterte sich meine Stellung, bis ich mein Heil unter Bauernopfer in einem Turmendspiel mit einer zusätzlichen Leichtfigur auf jeder Seite suchte. Das klappte auch einigermaßen. Doch dann habe ich meinen Gegner praktisch zu einer Kombination genötigt, in der ich das letzte Turmpaar tauschen musste. Damit hatte ich dann plötzlich ziemlich schlechte Karten, das Endspiel mit Minusbauern zu halten. Das dachte wohl auch mein Gegner. In der daraus resultierenden Entspannung, spielte er einen natürlich aussehenden Bauernzug und hatte die Partie wohl schon als gewonnen verbucht. Aber wie heißt es doch so schön in Jonathan Rowsons Buch Chess for Zebras? "And the Rest is Just a Lack of Technique". Bei der Kapitelüberschrift muß ich heute immer noch lachen. Nach 49... e6?? folgte 50.Lc3# und ich hatte meinen zweiten vollen Punkt geschenkt bekommen.
Nach einer kampflosen Partie am Ende waren es schließlich 3.5/8, Platz 88 und ein schönes DWZ- und Elo-Plus.

KS

Quallotl

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