Doch schon war Hürde Nummer 2 zu nehmen: Die Nazis verlangten vom Landesverband, nur Vereine anzuerkennen, die von "politisch zuverlässigen" - will heißen: willfährigen - Leuten geleitet wurden. Und dieser Kategorie waren Männer wie Walter Szameitat, der als politischer Dissident und Häftling längst aktenkundig war, bestimmt nicht zuzuordnen. Es kam zu kurzen Briefwechseln, bis es schließlich einem Szameitat-Freund gelang, sich die entscheidende Unterschrift gleichsam zu erschleichen. Der Schachklub Wilhelmsburg von 1936 war damit anerkannt.
Sportlich leistete der SV Harburg noch weitere Geburtshilfe. Dem Nachbarn wurden zehn Spiele als Erstausstattung geliehen, für die Verbandswettkämpfe bildeten die Harburger und die Wilhelmsburger eine Spielgemeinschaft, die sich in der A-Klasse auch recht wacker schlug. Die Klubmeisterschaften hatten bis 1939 nur inoffiziellen Charakter. H.Langhans, L.Michalak und P.Wetzel waren die ersten Sieger.
Spielstärke und Mitgliederzahl wuchsen langsam aber stetig, bis 1939 der 2. Weltkrieg dem Spielbetrieb ein jähes Ende setzte. Als die Mitglieder im November jenes Jahres beschlossen, den Spielbetrieb ruhen zu lassen, glaubten nur wenige an das Überleben des jungen Vereins. Zunächst trafen sich die Vorstandsmitglieder Walter Szameitat, und Paul Wetzel noch regelmäßig, doch dann wurden auch sie zur Wehrmacht einberufen.
Glücklicherweise überlebten fast alle SKW’ler den Krieg, aber die erste Zeit im Jahre 45 war von der Sorge um die Existenz bestimmt, wer dachte da schon ans Schach spielen?! Trotzdem wurden Szameitat & Co. schon im Herbst aktiv. Die alten Mitglieder wurden benachrichtigt und am 28. Oktober trafen sich 21 Schachfans im alten Vereinslokal Bertram, das unbeschädigt geblieben war. Erste Formalitäten wurden erledigt, der alte Vorstand bis zu den nächsten Neuwahlen bestätigt und der Beitrag auf 1,- RM festgesetzt.
Zwar konnte nun wieder gespielt werden, doch wieder wurde die "politische Eignung" der Vorstandsmitglieder geprüft, diesmal allerdings unter anderen Vorzeichen. Da das Referat "Schach" der Kulturbehörde übertragen war, mußten zunächst Überprüfungsfragebögen, Listen von Mitgliedern und Vorständlern und vierteljährliche Berichte über den Vereinsbetrieb eingereicht werden. 1946 stellte die Behörde die Unbedenklichkeitserklärung aus, der Schachklub Wilhelmsburg von 1936 war zugelassen.

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